Frank Mund, Kreishandwerksmeister und Präsident des Kfz-Gewerbes NRW, zu seiner Sicht auf die Zukunft der Mönchengladbacher Mobilität.

Foto: Julia Vogel

Viele Rechengrößen dafür, wie sich Mönchengladbachs Mobilität in der Zukunft gestalten wird, stellt die Corona-Pandemie gerade auf den Kopf: Berufspendler bleiben im Home-Office, Fahrgemeinschaften splitten sich in Individualfahrten auf, der öffentliche Nahverkehr ist mit den Abstandsregeln völlig überfordert und immer mehr Einkäufe werden über Lieferdienste abgewickelt. Was davon bleibt, wenn die Pandemie eines Tages überwunden ist? – Respekt, wer schon heute eine Antwort darauf weiß.

Mir zeigt es, dass wir die Zukunft der Mobilität flexibel, vernetzt und auf individuelle Bedürfnisse ausgelegt denken müssen. Jedes Entweder-oder ist da völlig fehl am Platz. Die Lebenswirklichkeit zeigt, dass die Wahl der Verkehrsmittel von den verschiedensten Faktoren abhängt, etwa von der persönlichen Lebenssituation, dem Alter, dem Wohnumfeld oder auch einfach der Jahreszeit.  

Was wir wissen ist, dass an jedem normalen Werktag rund 52.000 Menschen den Wohn- und Wirtschaftsstandort Mönchengladbach verlassen, um ihren regulären Arbeitsplatz zu erreichen. Parallel dazu zieht es knapp 54.00 Einpendler zur Arbeit in unsere Stadt. Vor Ausbruch der Pandemie haben nach Erhebungen des ADAC 70 Prozent all dieser Pendler einen Pkw genutzt. Ich denke nicht, dass sich der Anteil nach dem Ende der Pandemie wesentlich verändert haben wird. Hinzu kommt: Weder die Wohnorte der Auspendler noch die Arbeitsorte der Einpendler liegen ausschließlich in der Peripherie. Ein schleuniges Durchqueren der Stadt mit dem Auto wird daher weiterhin ein entscheidendes Merkmal dafür sein, wie attraktiv sich Mönchengladbach als Wohn- und Wirtschaftsstandort präsentieren kann.

Abgesehen von den Ein- und Auspendlern stellt in Mönchengladbach das Handwerk einen wesentlichen Faktor des Wirtschaftsstandorts dar. Der Großteil unserer 3.500 Firmen mit 17.000 Mitarbeitenden und deren Familien ist fest im Stadtgebiet verankert. Auch für sie muss es ein überzeugendes Mobilitätskonzept geben, das aus deutlich mehr als nur einem Fahrbahnstreifen für Lastenfahrräder besteht. Baustellen im Umkreis von 50 Kilometern wollen erreichbar bleiben. Unsere Kunden und Zulieferer brauchen freie An- und Abfahrtswege. Wir sind davon überzeugt, dass sich eine lebenswerte Stadt durch ebenso lebenswerte Quartiere auszeichnet, in denen es keine Monokulturen, sondern eine offene Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Bildung, Gesellschaft und fußläufig erreichbaren Einkaufsmöglichkeiten gibt.

Nicht zuletzt: Das Handwerk baut diese Zukunft der Mobilität! Wir sorgen für Schnellladestationen unterwegs und zu Hause, die Fahrtüchtigkeit schadstoffarmer Pkw und Lkw, elektronische Vernetzung und IT-Steuerung, die Energieversorgung durch Photovoltaik- und Solaranlagen und schließlich auch für die Bauleistung bei der Neuaufteilung von Verkehrsräumen.

Deshalb plädiere ich für eine Mobilitätsplanung in unserer Stadt, die sehr wohl den gesetzlichen Vorgaben für die Luftreinhaltung entspricht, aber nicht an den individuellen Bedürfnissen von uns Mönchengladbachern vorbeischnellt. Kein Entweder-oder! Für mich liegt die Zukunft in einer synaptischen Vernetzung der Angebote: Ortsnähe von Park-and-ride-Parkplätzen zu ÖPNV-Haltestellen und Radstationen, digitale Vernetzung der Angebote und eine intelligente Verkehrssteuerung. Aus meiner Sicht muss der Fokus zukünftig auf der gesamten Mobilitätskette und nicht mehr nur auf einzelnen Verkehrsträgern und Verkehrsmitteln liegen.