In einem OFFENEN BRIEF an alle Fraktionen des Stadtrats zeigen Vorstand und Geschäftsführung der Kreishandwerkerschaft auf, worauf es jetzt in Mönchengladbach aus der Sicht des Handwerks ankommt.

Luftaufnahme: Holger Knauf

„Das Handwerk bildet mit rund 3.500 Betrieben, über 17.000 Mitarbeitern und deren hier ansässigen Familien einen wesentlichen Teil von Mönchengladbachs Wirtschaft und Gesellschaft. Wir bieten der Stadt eine strategische Partnerschaft an, um im Klimaschutz, in der Mobilität, in der Standortpolitik und in der Stadtentwicklung bestmöglich voranzukommen. Unsere Anforderungen an diese strategische Partnerschaft haben wir in zehn Aufgaben formuliert, die für den am 13. September 2020 neu gewählten Stadtrat aus unserer Sicht höchste Priorität haben sollten:

1. Es braucht eine neue Balance in der Quartiersentwicklung: Ein Hin zu mehr Offenheit zeichnet sich aus durch ein Nebeneinander von Arbeiten, Wohnen und Freizeit. Wir sehen die Zukunft in lebendigen und gemischten Vierteln, in denen urbanes Leben und Arbeiten in Einklang gebracht werden.

2. Die urbane Mobilität muss möglichst klimaschonend weiterentwickelt werden. Parallel dazu müssen Handwerker ihre Kunden weiterhin erreichen können, und Kunden aller Altersgruppen sollen auch in Zukunft zur Lebendigkeit der Innenstädte beitragen. Dafür braucht die Stadt ein sowohl pragmatisches als auch integrierendes Konzept mit Augenmaß und Weitsicht, in der Wirtschafts- und Pendlerverkehre genauso ihren Platz haben wie der ÖPNV und der Radverkehr.

3. Die kommunalen Unternehmen sollten sich auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben konzentrieren. Die Stadt muss deshalb darauf achten, dass ihre „Töchter“ nicht den privatwirtschaftlichen Wettbewerb – zum Beispiel in der Elektromobilität – behindern oder gar unterbinden.

4. Der wirtschaftliche Erfolg des Mittelstands sichert langfristig den Zufluss von Steuergeldern und qualifizierte Arbeitsplätze. Die Stadt und ihre Unternehmen sollten daher alle Möglichkeiten zur lokalen, mittelstandsfreundlichen Vergabe von Aufträgen ausschöpfen.

5. Die städtische Verwaltung sollte noch mehr Tempo bei der Digitalisierung ihrer Services aufnehmen, um Wartezeiten und bürokratischen Aufwand zu verringern und die Dienstleistungsqualität ihrer Einrichtungen zu erhöhen. Das Handwerk ist zwingend auf arbeitsfähige Ämter angewiesen, um seine Aufträge erfüllen zu können. Die Pandemie zeigt, wie groß der Nachholbedarf bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen immer noch ist.

6. Die Höhe der kommunalen Steuern, Gebühren und Abgaben ist für das Handwerk ein wesentlicher Standortfaktor. Trotz der durch die Corona-Pandemie verursachten Aufwendungen darf es keine weiteren finanziellen Belastungen für die Unternehmen geben.

7. Die negativen wirtschaftlichen Folgen des Strukturwandels durch den Braunkohleausstieg sollen durch das Wirtschafts- und Strukturprogramm für das Rheinische Zukunftsrevier 1.0 (WSP 1.0) gemildert werden und „aus einer Jahrhundertherausforderung eine Jahrhundertchance machen.“ Die Stadt Mönchengladbach ist gefordert, alle unterstützenden Maßnahmen zu ergreifen, dass möglichst viele Projekte in dieser Stadt definiert und die Mittel aus diesem Programm vor Ort eingesetzt werden. Das Handwerk ist dabei kompetenter Ansprechpartner in den Zukunftsfeldern Energie, Innovation, Bildung, sowie Raum und Infrastruktur/Mobilität.

8. Die berufliche Erstausbildung ist eine solide Basis für qualifizierte Arbeitsplätze und eine lebenslange Beschäftigung von Arbeitnehmern. Wir erwarten, dass die Stadt alle Maßnahmen ergreift, mehr qualifizierte Schulabgänger als bisher auf dem Weg in die Duale Ausbildung zu begleiten und außerdem die Sanierung, Modernisierung und Digitalisierung aller Schulen und der Berufskollegs weiterhin voranzutreiben.

9. Die Mehrheit der Mönchengladbacher Handwerksunternehmer ist schon über Generationen hinweg eng mit der Stadt verbunden. Ihre lange Zugehörigkeit sowie große Innovationskraft stellen einen erheblichen Wissens-Fundus für den Standort dar. Daher sollte das Handwerk deutlich stärker als bisher proaktiv in die den Mittelstand betreffenden Zukunftsentscheidungen der Stadt und ihrer Tochterunternehmen eingebunden werden.

10. Wir brauchen einen städtischen 'Masterplan Handwerk', der die Stadt konsequent auf das Leitbild einer mittelstandsfreundlichen Kommune ausrichtet und den Beitrag des Handwerks zur Lösung ihrer Zukunftsaufgaben verankert. Das Handwerk ist bereit, sich hier in besonderer Weise zu engagieren.“